Freitag, 18. Juli 2014

Weihnacht (Roland Klick, BRD 1962/63)

Einen Vorweihnachtstag lang zieht ein kleiner Junge durch eine Innenstadt. Mechanische Spielzeugweihnachtsmänner trommeln den Takt zum Marsch der Konsumentenmassen, die sich zur Erledigung ihrer Geschenkeinkäufe durch die Straßen und in die Straßenbahn drängen. Assoziativ verbindet die Montage diese Bilder mit denen von Gänsen, die unbeirrt ihrer letzten Bestimmung als Weihnachtsbraten entgegen marschieren, mit Karpfen, die in ihrem überfüllten Becken nach Luft schnappen, bis sie mit einem Schlag auf den Kopf ihren letzten Atemzug tun. Weihnachtsmänner, -bäume, -sterne, in allen Ausführungen. Die Kamera gleitet entfesselt über den polierten Lack nagelneuer Autos und der Schnitt ist in einem fort darum bemüht, die Reizüberflutung rhythmisch erlebbar zu machen. 
Das filmische Werk von Roland Klick, dem die auteurs des Neuen Deutschen Films später vorwarfen, zu "kommerziell" zu sein, und dem seinerseits der Elfenbeinturm des "Kunstkinos" immer etwas suspekt war, beginnt auf sehr Oberhausen konforme weise non-konform. Die Mischung aus wenig subtiler Satire und den unbedingten Willen zum formalen Experiment mit Zerrspiegel und Drehtür, könnte man so ähnlich wohl auch in einem Kurzfilm von Edgar Reitz oder Alexander Kluge finden. Der liebevolle Blick in den Szenen, die den Jungen zeigen, wie versucht wird seine Perspektive auf das Treiben wiederzugeben, das in der extremen Verdichtung seine ganze Skurrilität offenbart, scheint voraus zu weisen auf die sehr spezifische Empathie für seine Figuren, die der Regisseur später entwickeln sollte. Auch von seiner Faszination für das Lichtermeer nächtlicher Großstadtstraßen gibt es gegen Ende von Weihnacht erste Vorboten. Schließlich scheint durch eine Parallelmontage, die Frauen bei der Anprobe vor dem Spiegel mit Schaufensterpuppen verbindet eine sehr spezifische Form des Begehrens zu fließen, das mehr mit Kunststoff als mit Fleisch zu tun hat. 

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