Donnerstag, 22. Mai 2014

Universal Soldier (Roland Emmerich, USA 1992)

Die Mensch-Maschinen und der Krieg der Menschen gegen die Maschinen hatten im kommerziellen amerikanischen Film ab den frühen Achtziger Jahren Hochkonjunktur. Vielleicht lässt sich von den Siebzigern zu den Achtzigern - zumindest was die großen Kassenerfolge anbelangt - eine signifikante Verschiebung im Bild der Bedrohungen ausmachen. In den Siebzigern schien die größte Gefahr von der Natur auszugehen. Sei es in Form von Erdbeben oder weißen Haien, von kannibalischen "Wilden", die in den Backwoods durchreisenden Städtern auflauerten, oder sei es, dass im Großstadt-Thriller die städtische Zivilisation durch Kriminalität, Gangs und Gewalt selbst wieder zur Wildnis, zum concrete djungle zu werden drohte.
In den Achtzigern dann scheint sich der Kampf der "Zivilisierten" gegen die "Barbarei", der die frontier des Öfteren mitten durch die Innenstädte verlaufen ließ - wenn auch nicht immer so explizit wie etwa in Assault on Precinct 13 - zum Kampf des Menschen gegen die Maschine zu wandeln. Der technologische Fortschritt selbst wird zur größten Bedrohung. In The Terminator ganz explizit, wenn die Maschinen die Macht an sich reißen und einen Vernichtungskrieg gegen die Menschheit beginnen (und es ist im zweiten Teil dann gerade die Maschine, die "zivilisiert" werden muss, wenn der pubertierende John Connor dem Terminator das Terminieren asbgwöhnen will). Feindlich gesinnte Außerirdische sind manchmal selbst mindestens so sehr Maschine wie Monster (die Alien-Filme) oder verfügen doch über sehr elaborierte Vernichtungstechnologien (Predator). An die Stelle der marodierenden Gangs treten die kultivierten und vor allem hochtechnisierten Gangster in Die Hard (und die Siege John McClanes über seine Widersacher sind dann eben immer auch Siege der menschlichen Intelligenz und des männlichen Körpers über die Computer).
Robert Emmerich, das Spielbergle von Sintelfingen, versuchte mit seiner ersten großen Holywood-Produktion - übrigens recht erfolgreich - auf den Zug von Camerons T2 aufzuspringen.
Nach einem Massaker an Zivilisten während des Vietnamkriegs töten sich der Soldat Luc Deveraux (Jean-Claude van Damme) und sein Amok laufender Vorgesetzter Andrew Scott (Dolph Lundgren) gegenseitig. Aus ihren sterblichen Überresten bastelt das Militär die perfekte Kampfmaschine, den Universal Soldier. Das Experiment gerät außer Kontrolle, als die beiden anfangen, sich an die traumatischen Ereignisse unmittelbar vor ihrem Tod zu erinnern. Die Impulse, die sie damals beschäftigten, werden nun zum einzigen Motor ihres Handelns. Wo Luc, unmittelbar vor dem Ende seines Einsatzes stehend, nur noch nachhause wollte, meinte Andrew weiter Krieg führen, die Rebellen und alle "Verräter" bekämpfen zu müssen.
Universal Soldier variiert die Mythologie der Mensch-Maschinen also mit einer zunächst verdammt interessanten Idee. Die Retraumatisierung als Beginn der (Wieder-)Menschwerdung, das Trauma, das für den einen darin bestand, dass der Krieg einfach nicht aufhören wollte, für den anderen darin, dass er vorbei sein sollte, als (menschlicher) Systemfehler der Mordmaschine. Eine Stärke des Films besteht sicherlich darin, dass Van Dammes und Lundgren für die Vorstellung von Männern, deren gesamtes Sein in zwei konträren Impulsen besteht - endlich mit dem Töten aufzuhören für den einen, unbeirrt weitertöten für den anderen - ein passendes Bild zu liefern. Sie vermitteln die Unfertigkeit der Maschinen, die Menschen werden wollen. Ihre gestählten Körper wirken tatsächlich wie leere Hüllen, in denen keine Seele wohnt (die Bemerkung erübrigt sich wohl, dass diese Darstellung mit "Schauspielen" im herkömmlichen Sinne nicht allzu viel zu tun hat). Darüber hinaus gewinnt der Film aus dieser interessanten Idee zwei großartige Szenen. In den beiden Kämpfen zwischen den Antagonisten, der erste im Prolog in Vietnam, der zweite im Show-Down im Süden der USA, verschwimmen die Zeiten, die Orte, Trauma und Retraumatisierung. Die Künstlichkeit des Lichtes und der Farbgebung - das Rot des Blutes, das Blau, in das der strömende Regen die Szenerie taucht, die schwärzlich verdreckten Gesichter - die beinahe an die frühen Technicolor-Exzesse oder auch an Argento gemahnt, jedenfalls bei aller Finsternis befremdlich bunt wirkt, formen das Bild eines Nicht-Ortes in einer Nicht-Zeit, der ganz und gar und durch und durch Kino ist.
Leider ist der Film, der sich zwischen diesen beiden Szenen entwickelt, ziemlich bescheuert. Was Emmerich im Sinn hatte, ist wohl eine Ironisierung des Genres, Universal Soldier sollte vielleicht für den Sci-Fi-Actioner etwas ähnliches sein, wie Scream einige Jahre später für den Teenie-Slasher. Jedenfalls ist der Film tatsächlich eher angelegt wie eine Komödie, die in fast jeder Szene nicht auf die Action-Schauwerte, sondern auf die humoristischen Pointen (meist in der Form geradezu atemberaubend blöder One-Liner) hinauswill. Dass er dadurch als Action-Film über weite Strecken nicht wirklich gut funktioniert, ist das eine Problem. Das andere, vielleicht noch größere, besteht darin, dass sein Humor dermaßen dumpfbackig ist, dass sich Cravens Film dagegen wie ein tiefgründiges intellektuelles Meisterwerk ausnimmt. Die schon beim ersten Mal nicht wirklich lustigen Jokes - zum Bespiel über Lundgrens Halskette mit abgeschnittenen menschlichen Ohren ("I'm all ears.") oder Van Dammes freizügigen Umgang mit seinem nackten Körper, werden zu allem Überfluss auch noch in der Endlosschleife totgeritten. (Wobei die campy Fetischiserung des gestählten Männerkörpers eben auch nicht auf Dekonstruktion aus ist, sondern eher einfach nur wie ein schlechter Witz, bzw. eben: eine ganze Reihe schlechter Witze.) Dass es für das Zuhause, anch dem sich Van Damme so sehr sehnt, natürlich auch einer Frau Bedarf, der Reporterin, die bald unverhofft mit ihm auf der Flucht ist, und die Aly Walker als schrecklich nerviges Klischee einer "emanzipierten Frau" spielt, die dann letzlich natürlich auch nur auf den richtigen Mann wartet, um ihrerseits endlich "nachhause" kommen zu können, macht das ganze natürlich keinen Deut besser.
Die Menschwerdung des Protagonisten Van Dammes zum Schluss muss sich wie eine leere Behauptung ausnehmen, in einem Film, dem es selbst so gar nicht gelingt, seine gute Idee mit Leben zu erfüllen,der monton heruntergespulten Genre-Form eine Seele einzuhauchen.

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